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Allgemeine Präventionsleitlinie "Gehörschutz" Auswahl, Bereitstellung und Benutzung

Gehörschutz

Allgemeine Präventionsleitlinie "Gehörschutz" Auswahl, Bereitstellung und Benutzung























































    1. Vorbemerkung

 

Diese Allgemeine Präventionsleitlinie „Gehörschutz” bildet die Grundlage für ergänzende Präventionsleitlinien und erläuternde Infomodule (in Vorbereitung). Sie stellt den Stand des Wissens des Sachgebietes Gehörschutz im Fachausschuss „Persönliche Schutzausrüstungen” zur Prävention von Lärmschwerhörigkeiten am Arbeitsplatz dar und richtet sich an Unternehmer, Versicherte und alle mit betrieblichem Arbeitsschutz an Lärmarbeitsplätzen befasste Personen.

In dieser Allgemeinen Präventionsleitlinie „Gehörschutz” werden insbesondere die Verordnung zum Schutz der Beschäftigten vor Gefährdungen durch Lärm und Vibrationen (Lärm− und Vibrations−Arbeitsschutzverordnung – LärmVibrationsArbSchV), die PSA−Benutzungsverordnung, die BGV A1 „Grundsätze der Prävention”, die BGR 194 „Benutzung von Gehörschutz” sowie allgemeine Grundsätze des Gesundheitsschutzes berücksichtigt.

Sie informiert über Gefährdungsmöglichkeiten an Lärmarbeitsplätzen, z. B. Tätigkeiten in Lärmbereichen oder durch kombinierte Belastungen.
Dargestellt werden Schädigungssituationen und Möglichkeiten der Prävention.Sie gibt einen Überblick über die Arten von Gehörschutz und Hinweise für die Auswahl, Beschaffung und Bereitstellung von geeignetem Gehörschutz.




    2. Anwendungsbereich

 

Diese Allgemeine Präventionsleitlinie „Gehörschutz” findet Anwendung auf die Auswahl, Bereitstellung und Benutzung von Gehörschutz sowie auf die Feststellung seiner Eignung. Sie ist Grundlage für konkretisierende Präventionsleitlinien und erläuternde Informationsmodule, z. B. zum Lärmminderungsprogramm.
Diese Allgemeine Präventionsleitlinie findet keine Anwendung auf die Auswahl und Bereitstellung von Gehörschutz als Einschlafhilfe, Tauchhilfe (Wasserverschluss) oder zum Druckausgleich beim Fliegen oder als Komfortmittel zur akustischen Isolation.




    3. Begriffsbestimmung

 

1.

1. Lärmgefährdung ist die Einwirkung von Lärm auf Versicherte,

       

− im Sinne einer Gehörgefährdung

oder

       

− die zu einer erhöhten Unfallgefahr führt.

Werden Versicherte in Lärmbereichen beschäftigt, ist grundsätzlich die Gefahr einer Gehörschädigung gegeben. Darüber hinaus kann Lärm z.B. dann zu einer erhöhten Unfallgefahr führen, wenn durch Lärm eine Wahrnehmung akustischer Signale, Warnrufe oder gefahrankündigender Geräusche beeinträchtigt wird.

2.

Der Tages−Lärmexpositionspegel (LEX,8h) ist der über die Zeit gemittelte Lärmexpositionspegel bezogen auf eine 8−Stunden−Schicht. Er umfasst alle am Arbeitsplatz auftretenden Schallereignisse.

3.

Der Spitzenschalldruckpegel (LpC,peak) ist der Höchstwert des momentanen Schalldruckpegels.

4.

Lärmbereiche sind zu kennzeichnende Bereiche, in denen einer der oberen Auslösewerte für Lärm (LEX,8h = 85 dB(A), LpC,peak = 137 dB(C)) erreicht oder überschritten wird.

5.

Untere und obere Auslösewerte sind Aktionswerte nach § 6 LärmVibrations−ArbSchV mit Bezug auf den Tages−Lärmexpositionspegel und den Spitzenschalldruckpegel.

6.

Maximal zulässige Expositionswerte beschreiben die maximal zulässige Exposition auf das Gehör der Versicherten durch einwirkenden Lärm nach § 8 der LärmVibrationsArbSchV. Dabei wird die dämmende Wirkung von Gehörschutz mitberücksichtigt.

7.

Gehörschützer sind persönliche Schutzausrüstungen, die die Einwirkung des Lärms auf das Gehör verringern, so dass eine Lärmschwerhörigkeit nicht entsteht oder sich nicht verschlimmert.

8.

LA − bzw. LC −Werte sind die A bzw. C−bewerteten Schalldruckpegel (Frequenzbewertung)

9.

H−Wert ist ein Schalldämmungswert für hochfrequente Geräusche, für die die Differenz LC – LA = −2 dB beträgt.

10.

M−Wert ist ein Schalldämmungswert für mittelfrequente Geräusche, für die die Differenz LC – LA = +2 dB beträgt.

11.

L−Wert ist ein Schalldämmungswert für tieffrequente Geräusche, für die die Differenz LC – LA = +10 dB beträgt.

12.

Überprotektion liegt vor, wenn eine unnötig hohe Schalldämmung des Gehörschutzes dazu führt, dass Warnsignale oder Maschinengeräusche nicht mehr sicher gehört werden, die Sprachverständlichkeit behindert ist oder Isolationsgefühl entsteht.






    4. Gefährdungsbeurteilung: Gefährdungsermittlung, Risikobewertung und Maßnahmen

 

Allgemeine Grundsätze zur Gefährdungsbeurteilung

Vor der Auswahl und Beschaffung sowie der Bereitstellung und Benutzung von Gehörschutz hat der Unternehmer zur Verhütung von Lärmschwerhörigkeiten entsprechend § 3 der BGV A1 „Grundsätze der Prävention” eine Beurteilung der Arbeitsbedingungen durchzuführen und zu ermitteln, welche Maßnahmen zum Schutz (§ 2 Abs. 1 BGV A1) erforderlich sind. Hierbei ist sicherzustellen, dass durch die Benutzung des Gehörschutzes keine zusätzlichen Risiken z.B. durch Warnsignalverdeckung entstehen.

Die Gefährdungsbeurteilung besteht aus der Gefährdungsermittlung, der Risikobewertung und den daraus abgeleiteten und erforderlichen Schutzmaßnahmen, die ständig auf ihre Wirksamkeit hin zu überprüfen und ggf. an sich ändernde Gegebenheiten anzupassen sind (BGR A1).

Zur Gefährdungsbeurteilung sollte der Unternehmer im Bedarfsfall interne Fachleute (z.B. Sicherheitsfachkräfte, Betriebsärzte, Sicherheitsbeauftragte) oder auch externe Fachleute (z.B. Aufsichtspersonen der gesetzlichen Unfallversicherungsträger, staatliche Arbeitsschutzaufsicht) hinzuziehen.
Individueller Beratungsbedarf besteht u. a. bei Personen mit vorgeschädigtem Gehör oder beginnender Lärmschwerhörigkeit. In solchen Fällen sollte der Betriebsarzt hinzugezogen werden.
Besteht eine Gehörgefährdung und ist diese nicht vorrangig durch technische und organisatorische Maßnahmen zu beseitigen, so müssen den gefährdeten Personen gemäß §§ 3, 29 BGV A1 geeignete Persönliche Schutzausrüstung, d.h. Gehörschutz, bereitgestellt werden.
Die bestimmungsgemäße Benutzung der Persönlichen Schutzausrüstung ist gemäß § 30 BGV A1 und §8 (3) der LärmVibrationsArbSchV vom Unternehmer sicherzustellen.

Musterbetriebsanweisung für die Benutzung von Gehörschutz siehe Infomodul „Musterbetriebsanweisung”.

Gefährdungsermittlung

Lärm kann eine Gesundheitsgefährdung bedeuten. Deshalb ist dem Versicherten Gehörschutz anzubieten, wenn

       

− der Tages−Lärmexpositionspegel 80 dB(A)

oder

       

− der Höchstwert des Schalldruckpegels 135 dB(C) überschreitet.

Eine Gehörgefährdung liegt in Lärmbereichen vor. Dort erreicht oder überschreitet

       

− der Tages−Lärmexpositionspegel 85 dB(A)

oder

       

− der Höchstwert des C−bewerteten Schalldruckpegels 137 dB(C).

Die Gefährdungsermittlung kann mit oder ohne Messung durchgeführt werden. Die Lärmgefährdung kann personen− oder arbeitsbereichsbezogen ermittelt werden.

Risikobewertung

Die Überprüfung auf Einhaltung der maximal zulässigen Expositionswerte erfolgt entsprechend Präventionsleitlinie „GS−Auswahl nach der Schalldämmung”. Dabei wird zwischen sachgerechter und qualifizierter Benutzung unterschieden.

Es gelten folgende Grundsätze:

− Lärmbereiche sind durch das Gebotszeichen M 03 „Gehörschutz benutzen” gekennzeichnet.

− Bei ortsveränderlichen Lärmbereichen erfolgt die Kennzeichnung am Arbeitsmittel.

Unter Einbeziehung der dämmenden Wirkung des Gehörschutzes muss sichergestellt werden, dass der auf das Gehör des Versicherten einwirkende Lärm die maximal zulässigen Expositionswerte nicht überschreitet.

Maßnahmen

Können die mit einer Lärmexposition verbundenen Risiken nicht durch technische (T) oder organisatorische (O) Maßnahmen vermieden werden, muss ein geeigneter, ordnungsgemäß passender persönlicher Gehörschutz (P) verwendet werden (Rangfolge: TOP).

       

− Überschreitet der Tages−Lärmexpositionspegel die unteren Auslösewerte, muss geeigneter persönlicher Gehörschutz zur Verfügung gestellt werden.

       

− Erreicht oder überschreitet der individuell ermittelte Tages−Lärmexpositionspegel die oberen Auslösewerte, hat der Unternehmer dafür Sorge zu tragen, dass die Versicherten den persönlichen Gehörschutz bestimmungsgemäß verwenden.
In Lärmbereichen besteht die Pflicht, den bereitgestellten Gehörschutz zu benutzen.






    5. Arten von Gehörschutz

 

1. Kapselgehörschützer

Man unterscheidet:

       

− Kapselgehörschützer mit Kopfbügel

       

− Kapselgehörschützer mit Nackenbügel

       

− Kapselgehörschützer mit Universalbügel, die mit Bügel auf dem Kopf, unter dem Kinn oder im Nacken benutzt werden

       

− Kapselgehörschützer, die nur an einem dazu passenden Arbeitsschutzhelm montiert werden dürfen.

       

Kapselgehörschützer mit pegelabhängiger Schalldämmung, bei denen laute Geräusche gedämmt werden. Leise Geräusche können elektronisch verstärkt werden, wobei sich die Sprachverständigung meist verbessert.

       

Kapselgehörschützer mit eingebautem Radiogerät, die mit Pegelbegrenzung angeboten werden.

       

Kapselgehörschützer mit Kommunikationseinrichtung z.B. über Sprechfunk oder zum Anschluss eines Mobiltelefons.

       

− Kapselgehörschützer mit aktiver Geräuschkompensation, die bei tieffrequentem Lärm zusätzliche Schalldämmung erzeugen.

2. Gehörschutzstöpsel

Man unterscheidet Gehörschutzstöpsel zum einmaligen Gebrauch und zum mehrmaligen Gebrauch (wiederverwendbare Gehörschutzstöpsel). Außerdem gibt es fertig geformte Stöpsel und solche, die vor Gebrauch vom Benutzer zu formen sind. Weitere Varianten sind Bügelstöpsel oder Stöpsel mit Verbindungsschnur und detektierbare Stöpsel z.B. für die Nahrungsmittelindustrie.

3. Otoplastiken

Otoplastiken sind Gehörschutzstöpsel, die für den einzelnen Gehörgang individuell angefertigt werden. Man kennt sie als Hartotoplastiken (Polyacrylat, Nylon) oder als Weichotoplastiken (Silikonmaterial).




    6. Auswahl

 

6.1 Allgemeine Prinzipien

Der persönliche Gehörschutz ist vom Unternehmer so auszuwählen, dass durch seine Anwendung die Gefährdung des Gehörs beseitigt oder auf ein Minimum verringert wird.

Bei der Auswahl der Gehörschützerarten ist neben dem ermittelten Schalldruckpegel und der Schalldämmung des Gehörschutzes die jeweilige Arbeitsumgebung zu berücksichtigen, und zwar

Exposition im Dauerlärm oder wiederholte kurzzeitige Lärmexposition,

Auftreten von Spitzenschalldruckpegeln im Bereich der Auslösewerte,

informationshaltige Arbeitsgeräusche,

Warnsignale,

Ortung von Schallquellen,

Sprachkommunikation,

hohe Temperaturen

Feuchtigkeit,

hohe Staubbelastung,

Arbeitsstoffe, Schmutz und Metallspäne an den Händen,

Vibration,

schnelle Kopfbewegungen,

persönliche Unverträglichkeiten des Benutzers,

bewegte Maschinenteile.

Des Weiteren sind folgende Punkte zu berücksichtigen:

       

Medizinische Auffälligkeiten: Die Benutzer von Gehörschützern sind vor der ersten Anwendung nach bestehenden Ohrproblemen, z.B. Gehörgangsreizungen, und einer eventuellen ärztlichen Behandlung zu befragen. In derartigen Fällen ist vor der Benutzung eine ärztliche Beratung zur Auswahl der Gehörschützer einzuholen.

       

Vorhandene Hörverluste: Damit sich ein geschädigtes Gehör nicht zusätzlich verschlechtert, darf es nicht weiter durch Lärm belastet werden. Daher muss für diesen Personenkreis die Auswahl eines Gehörschützers besonders sorgfältig erfolgen. Zur Auswahl sollte grundsätzlich die Oktavband−Methode oder – falls dies nicht möglich ist – die HML−Methode nach DIN EN 458 verwendet werden. In der Praxis wird allgemein die HML−Methode genutzt. Es handelt sich dabei um Verfahren, die auf unterschiedliche Weise die Frequenzzusammensetzung des Geräusches im Arbeitsbereich und die Frequenzabhängigkeit der Schalldämmung des Gehörschutzes berücksichtigen. Informationen zu den Auswahlverfahren finden sich in der BGR 194 und der Präventionsleitlinie „Gehörschutzauswahl mit der Oktavband− und der HML−Methode”.

       

− Vereinbarkeit von Gehörschutz mit anderen am Kopf getragenen Ausrüstungen: Müssen außer Gehörschützern auch andere Schutzausrüstungen bzw. Ausrüstungen am Kopf getragen werden, ist darauf zu achten, dass die dadurch zusätzliche Beanspruchung des Benutzers möglichst gering gehalten und die Schalldämmung des Gehörschützers nicht verringert wird. Es sind daher Gehörschutzstöpsel zu bevorzugen. Bei der Kombination von (Schutz−)Brillen und Kapselgehörschutz sollen die Brillenbügel möglichst flach sein. Es sind Kapselgehörschützer mit breiten und weichen Kissen zu bevorzugen.

6.2 Schalldämmung

Entsprechend LärmVibrationsArbSchV ist der Gehörschutz vom Arbeitgeber so auszuwählen, dass durch seine Anwendung eine Gefährdung des Gehörs vermieden oder auf ein Minimum verringert wird. Dabei muss unter Einbeziehung der dämmenden Wirkung des Gehörschutzes sichergestellt werden, dass der auf das Gehör des Beschäftigten einwirkende Lärm die maximal zulässigen Expositionswerte LEX,8h = 85 dB(A) beziehungsweise LpC,peak = 137 dB(C) nicht überschreitet. Daraus ergeben sich Anforderungen an die Dämmwirkung des Gehörschutzes, die vom betreffenden Arbeitsplatz bzw. dem vorherrschenden Tages−Lärmexpositionspegel und dem Spitzenschalldruckpegel abhängen.
Geeignete Auswahlmethoden werden in der Präventionsleitlinie „Gehörschutzauswahl nach der Schalldämmung” beschrieben.
Die folgende Tabelle listet die verschiedenen am Ohr wirksamen Restschallpegel unter dem Gehörschutz auf.

Tabelle 1: Schema zur Beurteilung der Schutzwirkung

Am Ohr wirksamer Restschallpegel in dB(A)

Am Ohr wirksamer Restspitzenschallpegel in dB(Cpeak)

Beurteilung der Schutzwirkung

>85

>137

nicht zulässig

>80

>135

nicht empfehlenswert

≤80

≤135

empfehlenswert

<70

(Verständigung und Isolationsgefühl prüfen)


Für die Auswahl und Bewertung nach der Schalldämmung ist außerdem zu berücksichtigen, dass

       

− die in der Praxis erzielte Schutzwirkung häufig durch unsachgemäße Benutzung oder Verschleiß geringer ist als in den Labormessungen ermittelt (Praxisabschläge),

       

− eine Überprotektion vermieden werden sollte,

       

− eine Signalerkennung und Kommunikation in ausreichendem Maße möglich sind.

6.3 Ergonomie

Der Tragekomfort eines Gehörschützers entscheidet wesentlich über die Bereitschaft, Gehörschutz regelmäßig im Lärm zu tragen.
Überprotektion ist aus ergonomischer Sicht meist negativ einzustufen, da sie die Benutzer von Gehörschutz häufig mental belastet.
Gehörschutz soll möglichst aus schadstoffarmem Material bestehen. Diesbezüglich geprüfte, schadstoffarme Gehörschützer sind mit dem „BG−PRÜFZERT”−Zeichen versehen.




    7. Bereitstellung

 

Der Unternehmer hat den Versicherten, die in Bereichen mit einem Tages−Lärmexpositionspegel von über 80 dB(A) oder mit einem Höchstwert des C−bewerteten Schalldruckpegels von über 135 dB(C) beschäftigt sind, geeignete Gehörschutzmittel zur Verfügung zu stellen. Der zu verwendende Gehörschutz muss dem Stand der Technik entsprechen.

Von Bedeutung sind z.B.:
− die CE−Kennzeichnung,
− die Schalldämmung,
− der Tragekomfort,
− die Vereinbarkeit mit anderen am Kopf getragenen Ausrüstungen.

Darüber hinaus sind zu beachten:
− die Arbeitsumgebung,
− medizinische Auffälligkeiten des Ohrs des Versicherten,
− bereits vorhandene Hörverluste.




    8. Beschaffung

 

Entsprechend dem Ergebnis der Gefährdungsbeurteilung ist geeigneter Gehörschutz zu beschaffen.
Hinweise auf Anbieter (Hersteller⁄Inverkehrbringer) siehe Informationsmodul „Anschriften von Herstellern und Vertreibern von Gehörschutz”.
Bei der Beschaffung kann zusätzlich auf eine Liste geprüfter Gehörschützer zurückgegriffen werden („Dem BGIA gemeldete Gehörschützer mit EG−Baumusterprüfbescheinigung” siehe BGR 194), die für jeden Gehörschutz den geeigneten Einsatzbereich angibt und Informationen zur Signalerkennbarkeit enthält.

Vor der Entscheidung für den Einsatz eines bestimmten Gehörschützers sollten im Betrieb Trageversuche mit einer kleinen Gruppe von Versicherten durchgeführt werden, um in der Praxis die individuellen Arbeitsbedingungen, z.B. Staub, Hitze, starke Körperbewegungen, Tragen anderer persönlicher Schutzausrüstungen oder Signalhören, mit zu erfassen.




    9. Prüfung

 

Gehörschützer gehören der Zertifizierungskategorie II für persönliche Schutzausrüstung an. Der Hersteller muss sein Produkt bei einer notifizierten Stelle zur EG−Baumusterprüfung einreichen. Bei der Prüfung werden alle sicherheitsrelevanten Bauteile und Zusatzeinrichtungen geprüft (z.B. Kommunikationseinrichtungen). Die Erfüllung aller Anforderungen an den Gehörschutz wird durch die EG−Baumusterprüfbescheinigung bestätigt. Auf dieser Basis erklärt der Hersteller durch die Konformitätserklärung die Übereinstimmung seines Produkts mit der PSA−Richtlinie 89⁄686⁄EWG.




    10. Kennzeichnung

 

Als äußeres Kennzeichen der bestandenen Baumusterprüfung bringt der Hersteller auf seinen Produkten ein CE−Zeichen an. Die CE−Kennzeichnung besteht aus dem Kurzzeichen „CE” (= communauté européenne) und befindet sich auf dem Gehörschützer bzw. bei Gehörschutzstöpseln alternativ auch auf der kleinsten handelsübliche Packung, die für den Endverbraucher bestimmt ist (kleinste Verkaufsverpackungseinheit)*. Bei der Auswahl ist deshalb auf die ordnungsgemäße CE−Kennzeichnung des Gehörschützers zu achten.Daneben müssen noch weitere Informationen auf dem Produkt angegeben werden, die nicht zur CE−Kennzeichnung gehören, aber zur eindeutigen Identifikation des Produkts erforderlich sind, z.B. Modellbezeichnung, Herstelleridentifikation, Nummer der Normenreihe (EN 352).

* Anmerkung: Entsprechend PSA−Richtlinie 89⁄686⁄EWG „Richtlinie zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedsstaaten für persönliche Schutzausrüstung”




    11. Mindestschalldämmung von Gehörschutz

 

Alle verwendeten Gehörschützer müssen die Mindestschalldämmwerte der DIN EN 352−1 bis −3 erfüllen.

Tabelle2: Mindestschalldämmung

Frequenz in Hz

125

250

500

1000

2000

4000

8000

(Mf − sf) in dB

>5

8

10

12

12

12

12

Dies wird bei der Baumusterprüfung vor der Handelszulassung durch eine notifizierte Stelle geprüft und vom Hersteller durch Konformitätserklärung und CE−Zeichen bestätigt. Verwendet man gekennzeichnete Produkte, kann man davon ausgehen, dass mindestens diese Schalldämmung erreicht wird.




    12. Arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchung

 

Bestandteile der speziellen arbeitsmedizinischen Vorsorgeuntersuchungen „Lärm” sind
− die individuell richtige Auswahl von Gehörschutz,
− die Unterweisung zur wirksamen Benutzung,
− der Einfluss der Benutzungsdauer auf die Wirksamkeit des verwendeten Gehörschutzes.

Spezielle arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen „Lärm” sind vom Unternehmer entsprechend den §§ 4 und 5 der Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge (ArbMedVV) zu veranlassen bzw. anzubieten.

Entsprechend dem Anhang, Teil 3 − Tätigkeiten mit physikalischen Einwirkungen, gelten folgende Regelungen der arbeitsmedizinischen Vorsorge:
(1) Pflichtuntersuchungen bei:
Tätigkeiten mit Lärmexposition, wenn die oberen Auslösewerte von LEX,8h = 85 dB(A) beziehungsweise LpC,peak = 137 dB(C) erreicht oder überschritten werden. Bei der Anwendung der Auslösewerte nach Satz 1 wird die dämmende Wirkung eines persönlichen Gehörschutzes der Beschäftigten nicht berücksichtigt;

(2) Angebotsuntersuchungen bei:
Tätigkeiten mit Lärmexposition, wenn die unteren Auslösewerte von LEX,8h = 80 dB(A) beziehungsweise LpC,peak = 135 dB(C) überschritten werden. Bei der Anwendung der Auslösewerte nach Satz 1 wird die dämmende Wirkung eines persönlichen Gehörschutzes der Beschäftigten nicht berücksichtigt.
Die Arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchung wird nach dem Berufsgenossenschaftlichen Grundsatz G 20 durchgeführt.




    13. Betriebsanweisung

 

Für den Einsatz von Gehörschützern sollte der Unternehmer eine Betriebsanweisung erstellen, die alle für den sicheren Einsatz erforderlichen Angaben enthält, insbesondere Angaben über

       

− Gefährdungen entsprechend der Gefährdungsbeurteilung,

       

− das Verhalten der Benutzer beim Einsetzen und Entfernen der Gehörschützer,

       

− das Verhalten der Benutzer bei festgestellten Mängeln

       

− Einfluss der Tragedauer,

       

Hygiene und Infektionsschutz,

       

Hörbarkeit von Warnsignalen.

Ein Muster einer Betriebsanweisung befindet sich im Informationsmodul „Musterbetriebsanweisung”.




    14. Unterweisung

 

Der Unternehmer hat die Ergebnisse der Gefährdungsbeurteilung den betroffenen Versicherten mitzuteilen, und sie über die Bedeutung der Ergebnisse, die Gefährdungen durch Lärm sowie über Maßnahmen, die entsprechend des geltenden Regelwerks vorgesehen sind, zu unterweisen. Die Unterweisung hat vor der ersten Benutzung und danach wiederholt nach Bedarf, mindestens jedoch einmal jährlich zu erfolgen. Bei der Unterweisung sollen insbesondere folgende Informationen vermittelt werden:
− Einfluss der Tragedauer auf die Schutzwirkung
− Anpassen und Einstellen von Gehörschützern
− Hörbarkeit von Sprache oder von Warn− und Alarmsignalen
− Ausgabe und Verfügbarkeit von Gehörschützern
Informationsbroschüre des Herstellers
− Informationen zur Instandhaltung und Pflege

Wird die Unterweisung mindestens viermal jährlich mit praktischen Übungen durchgeführt und dies dokumentiert, spricht man von einer qualifizierten Benutzung (siehe BGR 194 – Unterweisungsrichtlinie zur qualifizierten Benutzung von Gehörschutz). In diesen Fällen kann auf die Praxisabschläge der Schalldämmung verzichtet werden.

Die praktischen Übungen beinhalten:
− Vorbereiten von zu formenden Gehörschutzstöpseln,
− Gehörgangformung durch Halten des Ohres,
− korrektes Einsetzen von zu formenden Gehörschutzstöpseln,
− Übungen zur Einsetztiefe bei Gehörschutzstöpseln,
− Halten von zu formenden Gehörschutzstöpseln bis zum Erreichen der stabilen Position im ausgedehnten Zustand,
− Einfluss von Brillen und anderen persönlichen Schutzausrüstungen auf die Leckage von Kapselgehörschutz,
− Übungen und Prüfungen zur Kommunikation und zum Warnsignalhören.




    15. Benutzung

 

Der Unternehmer hat den bestimmungsgemäßen Einsatz und das Trageverhalten zu überwachen. Gegebenenfalls hat er einen Aufsichtsführenden zu benennen, der sicherstellt, dass die Versicherten der Tragepflicht nachkommen. Der Unternehmer hat dafür Sorge zu tragen, dass die Versicherten den persönlichen Gehörschutz bestimmungsgemäß verwenden, wenn
− sie sich in einem Lärmbereich aufhalten,
− die Lärmexposition die oberen Auslösewerte (LEX,8h = 85 dB(A) beziehungsweise LpC,peak = 137 dB(C)) erreicht oder überschreitet.

Die Benutzer von Gehörschützern können im Einzelfall von der Tragepflicht von der zuständigen Behörde befreit werden, wenn durch die Benutzung von Gehörschutzmitteln eine erhöhte Unfallgefahr entsteht und diese auf andere Weise nicht vermieden werden kann.




    16. Tragedauer

 

Gehörschützer müssen bei gehörgefährdenden Lärmpegeln während der gesamten Aufenthaltsdauer getragen werden, damit eine optimale Schutzwirkung erreicht wird. Auch wenn sie nur für kurze Zeit nicht getragen werden, wird die Schutzwirkung, wie Abb.1 zeigt, drastisch verringert.
Wird der Gehörschützer nicht während der gesamten Dauer der Lärmbelastung getragen, wird die Schutzwirkung im Wesentlichen durch die Tragepausen und nicht durch die Schalldämmung des Gehörschützers bestimmt.

Abb.1 (a) Effektive Dämmung eines Gehörschützers mit 30 bzw. 10 dB Dämmung in Abhängigkeit von der Expositionszeit ohne Gehörschützer bezogen auf eine 8−Stunden−Schicht

Abb.1 (b) Effektive Dämmung eines Gehörschützers mit 30 bzw. 10 dB Dämmung in Abhängigkeit von der Expositionszeit ohne Gehörschützer bezogen auf eine 8−Stunden−Schicht (Ausschnitt: Zeitraum 60 min).

Anmerkungen und Beispiele (DIN EN 458):
1. Beispiel: Wird ein Gehörschützer während eines 8−Stunden−Tages nur 4 Stunden getragen, beträgt seine effektive Schutzwirkung nur 3 dB (siehe Abb.1 (a)).
2. Beispiel: Es liegt eine gleichbleibende Geräuschbelastung mit einem LEX,8h von 105 dB vor und es wird ein Gehörschützer mit einer Schalldämmung von 30 dB verwendet.
Wird der Gehörschützer während der gesamten 8 Stunden getragen, beträgt der für das Gehörwirksame Pegel L' EX,8h = 75 dB. Wird der Gehörschützer während eines 8−Stunden−Tages 30 Minuten lang nicht benutzt, beträgt der L' EX,8h = 93 dB (vgl. Abb.1 (b)); somit ist trotz der Benutzung eines Gehörschützers das Risiko eines lärmbedingten Hörverlustes gegeben.





    17. Lagerung, Inspektion und Pflege

 

Lagerung

Für eine saubere Aufbewahrung der Gehörschützer, die nicht in Gebrauch sind, müssen entsprechende Aufbewahrungsmöglichkeiten vorhanden sein. Dies sind z.B. Aufbewahrungsbeutel für Kapselgehörschützer sowie Dosen ⁄ Schachteln zur Aufbewahrung von wieder verwendbaren Gehörschutzstöpseln. Gehörschützer müssen in geeigneter Umgebung aufbewahrt werden. Die Herstellerangaben zur richtigen Lagerung sind hierbei zu beachten. Die Ausgabe von Gehörschutzstöpseln kann über Spender an Zugängen zu Lärmbereichen vereinfacht werden. Auf die Ausgabestellen ist hinzuweisen. Neue Gehörschützer wie auch Austauschteile müssen in geeigneter Form jederzeit verfügbar sein.

Hygiene und Pflege

Bei der Benutzung des Gehörschützers können Verunreinigungen, z.B. durch Stäube und Flüssigkeiten, auftreten und Hautreizungen bewirken. Deshalb sind insbesondere die Träger von Gehörschutzstöpseln bezüglich der notwendigen Hygiene zu unterweisen. Die Benutzer müssen auch darauf hingewiesen werden, dass ein Arzt, z.B. der Betriebsarzt, aufgesucht werden muss, wenn sie Hautreizungen während oder nach dem Gebrauch ihrer Gehörschützer bemerken. Werden wiederverwendbare Gehörschutzstöpsel getragen, sind sie nach den Angaben des Herstellers zu reinigen. Kapselgehörschützer, insbesondere die Dichtungskissen, sind regelmäßig zu reinigen. Die Angaben des Herstellers sind zu beachten. Durch häufiges Reinigen kann sich das Material verändern und dadurch die Schalldämmung reduziert werden.

Inspektion und Austausch

Gehörschützer müssen in regelmäßigen Abständen überprüft werden, um Ausrüstungen, die durch mechanische Fehler, Alterung, Unfall oder Missbrauch beschädigt sind, austauschen zu können. Bügel von Kapselgehörschützern oder Bügelstöpsel können Formveränderungen unterliegen. Im Zweifelsfall sind sie hinsichtlich ihrer Gestalt mit einem unbenutzten Gehörschützer gleichen Typs zu vergleichen. Dichtungskissen von Kapselgehörschützern müssen nach den Anweisungen des Herstellers ausgetauscht werden. Insbesondere ist ein Austausch erforderlich, wenn sie ihre Form verändert haben, Anzeichen von Rissen und ⁄ oder Brüchen zeigen oder auf andere Weise ihre Funktion verloren haben, in ihrer Funktion beeinträchtigt sind oder ihre Funktion nicht sichergestellt werden kann.

Alterung

Alterung kann eine Minderung der Schalldämmung zur Folge haben. Bei Kapselgehörschützern sind nach längerer Lagerung die Funktionsfähigkeit der Kissen und die Elastizität der Kopfbügel zu prüfen. Bei vor Gebrauch zu formenden Gehörschutzstöpseln ist darauf zu achten, dass durch Verhärtung der Stöpsel die Schalldämmung reduziert wird. Durch das Verhärten der Gehörschutzstöpsel besteht die Möglichkeit, dass sie sich im Gehörgang des Benutzers langsamer und womöglich nicht vollständig ausdehnen. Stöpsel zum mehrfachen Gebrauch können bei längerer Lagerung ebenfalls hart oder spröde werden.




    18. Literaturquellen und Verweise

 

− Richtlinie zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedsstaaten für persönliche Schutzausrüstung (89⁄686⁄EWG) vom 21.12.1989

− Verordnung zum Schutz der Beschäftigten vor Gefährdungen durch Lärm und Vibrationen (Lärm− und Vibrations−Arbeitsschutzverordnung LärmVibrationsArbSchV) vom 6. März 2007

− Gesetz über die Durchführung von Maßnahmen des Arbeitsschutzes zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Beschäftigten bei der Arbeit vom 7. August 1996 (Arbeitsschutzgesetz ArbSchG),

− Verordnung über Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Benutzung persönlicher Schutzausrüstungen bei der Arbeit (PSA−Benutzungsverordnung PSA−BV).

− Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge (ArbMedVV)

Berufsgenossenschaftliche Regeln und Informationen für Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit:
(Bezugsquelle: Der zuständige Unfallversicherungsträger oder Carl Heymanns Verlag KG
Luxemburger Straße 449, 50939 Köln
Im Internet: www.arbeitssicherheit.de )


− BGV A1 „Grundsätze der Prävention”

− BGR A1 „Grundsätze der Prävention”

− BGR 194 „Benutzung von Gehörschutz”

− BG−Information „Gehörschutz−Informationen” (BGI 5024)

− BG−Information „Ärztliche Beratung zum Gehörschutz” (BGI 823)

− BG−Information „Gehörschutz−Kurzinformation für Personen mit Hörverlust” (BGI 686)

− BG−Information „Empfehlungen zur Benutzung von Gehörschützern durch Fahrzeugführer bei der Teilnahme am öffentlichen Straßenverkehr” (BGI 673)

− BG−Information „Auswahlkriterien für die spezielle arbeitsmedizinische Vorsorge nach den Berufsgenossenschaftlichen Grundsätzen für arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen” (BGI 504)

Berufsgenossenschaftliche Grundsätze für arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen
(Bezugsquelle: Gentner Verlag Stuttgart, Abt. Buchdienst, Forststraße 131, 70193 Stuttgart)


Grundsatz G 20 „Lärm”.

Normen

(Bezugsquelle: Beuth Verlag GmbH, 10772 Berlin)

DIN EN 352 Gehörschützer: Allgemeine Anforderungen
Teil 1: Kapselgehörschützer,
Teil 2: Gehörschutzstöpsel,
Teil 3: An Industrieschutzhelmen befestigte Kapselgehörschützer.

DIN EN 458 Gehörschützer; Empfehlungen für Auswahl, Einsatz, Pflege und Instandhaltung.




Quelle:Fachbereich Persönliche Schutzausrüstungen
Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV), www.dguv.de/fb-psa
Allgemeine Präventionsleitlinie "Gehörschutz" Auswahl, Bereitstellung und Benutzung, Dezember 2009