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Gehörschutz

5 Anatomie und Physiologie des Außenohres in Bezug auf die Gehörschützer−Anwendung


Das äußere Ohr umfasst die Ohrmuschel und den Gehörgang. Die Ohrmuschel besteht aus einem von Haut bedeckten, elastischen Knorpelgerüst und weist ein charakteristisches Relief auf, das am freien Rand von der Helix beginnend und nach ventral gerichtet von Antehelix, Antitragus, Cavitas conchalis und Tragus gebildet wird. Das kaudal angrenzende Ohrläppchen ist knorpelfrei und beinhaltet nur Fett− und Bindegewebe.

Der ca. 2,5 cm lange, gekrümmte Gehörgang setzt sich aus einem äußeren, knorpeligen Teil und einem kürzeren, inneren und knöchernen Anteil zusammen. Der äußere, knorpelige Gehörgang verjüngt sich trichterförmig nach innen und hat am Übergang zum knöchernen Anteil seine engste Stelle (Isthmusbereich). Die Weite des Gehörganges ist individuell unterschiedlich. Der Mittelwert des Durchmessers liegt im Eingangsbereich um 9−11 mm und im Isthmusbereich um 5−7 mm.

Die bedeckende, sehr dünne Haut des knöchernen Gehörganges ist mit dem Periost verwachsen. Das Gehörgangsepithel des knorpeligen Abschnittes enthält Haarbälge, Talgdrüsen und Zeruminaldrüsen. Zerumen (Ohrenschmalz) ist ein Gemisch aus dem Sekret der Drüsen, Detritus, abgeschilferter Epithelien mit Pigmentkörnchen, abgestoßener Haare und exogener Verunreinigungen. Dieses Konglomerat kann zu einem schalldichten Gehörgangsverschluss (Zeruminalpfropf) führen. Der Fett− und Säureschutzfilm des Gehörganges ist ebenso wie die Zerumenbildung Teil eines funktionierenden Abwehr− und Selbstreinigungsmechanismus der Gehörgangshaut. Die Lymphgefäßversorgung der Ohrmuschel und des knorpeligen Gehörgangsabschnittes ist sehr ausgeprägt, ebenso wie das angrenzend regionäre Lymphknotennetz. Lokale Infektionen können daher in diesem Bereich zu ausgeprägten, schmerzhaften Schwellungen führen.

Die Querschnittsform des äußeren Gehörganges ist selten kreisförmig, sondern meist ellipsenförmig. Unter Berücksichtigung der Gehörgangskrümmung wird offensichtlich, dass bei Einsetzen von runden und „starren” Gehörschutzstöpseln die Entstehung von schmerzhaften Druckstellen möglich ist. Daher kann die Verwendung von individuell angepassten oder weichen Gehörschutzstöpseln bzw. von Kapselgehörschützern angezeigt sein.

Gehörschutzstöpsel, die den Gehörgang nahezu luftdicht abschließen und damit jede Ventilation unterbinden, schaffen außerdem eine so genannte „feuchte Kammer” im hinteren Gehörgangsabschnitt, die eine sekundäre mikrobielle Besiedlung mit z. B. Pilzen begünstigt.

Daher sollten schall−, aber nicht luftdichte Stöpsel verwendet werden (siehe Abschnitt 3.1.2 ). Kapselgehörschützer können nur dann eine optimale Schalldämmung entfalten, wenn sie an der Haut in der Umgebung der Ohrmuschel dicht anliegen. Reduzierte Schalldämmung ist bei mangelnder Auflage infolge großer Ohrmuscheln, Haaren oder Brillenbügeln zwischen Dichtungskissen und Haut und kantiger Gesichtskontur im Kiefergelenksbereich möglich.

Das dem äußeren Ohr angrenzende Mittelohr besteht u.a. aus Trommelfell, Paukenhöhle und Gehörknöchelchenkette (Hammer, Amboss, Steigbügel). Die „Belüftung” des Tympanons erfolgt via Ohrtrompete (Tuba auditiva eustachii). Damit ist der Druckausgleich zwischen Paukenhöhle und äußerem Gehörgang (atmosphärischer Luftdruck) gewährleistet.

Binaurales Hören ermöglicht einen räumlichen Höreindruck und das Richtungshören. Von einer Schallquelle ausgehende Schallwellen führen bei Auftreffen auf beide Ohren zu einem „Laufzeitunterschied”, aus dem im Rahmen zentraler Schallverarbeitung die Richtung in der horizontalen Ebene erkannt werden kann. Außerdem wird der Schall durch Abschattung am Kopf auf der der Quelle abgewandten Seite mit geringerer Intensität wahrgenommen. Dies ermöglicht die Rechts−links−Ortung der Schallquelle. Durch Beugung der Schallwellen an der Ohrmuschel und einer Klanganalyse wird eine Oben−unten−Ortung ermöglicht.

Der räumliche Höreindruck wird durch die Abdeckung der Ohrmuschel, z. B. durch Kapselgehörschützer, deutlich eingeschränkt oder aufgehoben.




Quelle: Fachbereich Persönliche Schutzausrüstungen
der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung,
DGUV Information 212−823 Ärztliche Beratung zu Gehörschutz, Juni 2014